19,90 EUR
Mein erstes Buch ist im November 2012 im Mauer Verlag erschienen.
Dieses Buch ist ein sehr persönliches Zeugnis des Umgangs und der Verarbeitung von Tod, Trauer, Abschied, Leid, Schmerz, Klage und Misserfolg. Mehrere Texte sind den toten Verwandten der Autorin gewidmet.
Somit entsteht eine Art Dialog zwischen Lebenden und Toten. Der umfangreichste Prosa Text schildert die Verfassung, die Zerrissenheit einer jungen Mutter, die zwischen ihrem toten und ihrem lebenden Kind steht, zwischen Liebe, Trauer, Loslassen, Erschöpfung, Verzweiflung und Verantwortung, Verpflichtung, forderndem Lebensdrang, natürlichem Wachstum und wiederum Liebe.
Die Konfrontation mit Gewalt, Mord, Totschlag und Misserfolg werden letztlich als Heraus-Forderungen verstanden für ein eigenverantwortliches, selbst bewusstes Leben.
Das Buch ist ein Gemeinschaftswerk. Texte und Skulpturen sprechen auf unterschiedliche Weise und lassen der Seele Raum.
ISBN 978-3-86812-278-7
Leseprobe zu Tränen Perlen
Tränen Perlen
Der Tod war mir schon immer sehr nah.
Als Kind spürte ich am Grabe
meines Vaters und Bruders
größere Verbundenheit zu den Toten
als zu allen Lebenden.
Tod und Geburt
gingen im Leben meiner Mutter
und auch in meinem Leben
Hand in Hand.
Qual, Schmerz, Folter, Grausamkeit,
das ahnte ich, das kannte ich aus alter Zeit;
aus einer Zeit vor dieser Zeit.
Und durchlebte es erneut.
Auf dem Grund Muster reichlicher Tränen
webte sich mein roter Lebens Faden.
Sterben und Abschied,
Morde, Nah Tode,
eine bedrohliche Krankheit
brachten mich durch
den Tod ins Leben.
Was sich beruflich scheinbar
als Miss Erfolg zeigte,
erwies sich immer deutlicher als
Weg Weiser in die Trauer.
Meine Trauer stellte sich mir in den Weg.
Es gab kein Vorbei.
Ich tauchte ein und ging unter.
Ich sank bis auf den Grund.
Und als ich wieder auftauchte,
hatte ich ein Buch
in der Hand und Perlen.
Tränen Perlen.
Leseprobe zu Tränen Perlen
Mein Papa
Oh, ich möchte erzählen, erzählen
von meinem Papa.
Aber ich kenne, kenne ihn nicht.
Als er starb, war ich zwei, zwei Jahre alt.
Immer, immer fehlte er mir.
Ich vermisste ihn sehr.
Sehnlichst wünschte ich mir,
dass er kommt,
mich an die Hand nimmt,
mich führt, mir den Weg zeigt.
Aber er kam nicht.
Allein, allein ging ich hinaus aus dem Dorf.
Durch den Tunnel, das Wäldchen,
die Gasse der Angst bis zum Fried Hof.
Blaue Sterne, Vergiss Mein Nicht,
meine Lieblings Blumen
und mein überfließendes Herz
brachte ich mit an das Grab.
Das Grab meines großen Vaters
war auch das Grab meines kleinen Bruders.
Begraben im Grab waren zwei.
Ich sprach mit ihnen. Sie hörten mir zu. Meine Ver Trauten. Hier am Grab.
Hier am Grab spürte ich die Ver Bindung.
Aber sonst war ich allein, war so allein und fing an, mich zu verlaufen
bis es weder oben noch unten,
links noch rechts,
weder Himmel noch Erde für mich gab
und der Boden unter mir einbrach.
Wo bin ich ? Wo bin ich ? Wo bin ich ?
Nach vielen Jahren,
längst erwachsen, weit gereist,
erschien mir eine Fee.
Die fragte das kleine Kind,
das kleine Mädchen in mir:
„Was willst Du?“
„Mein Vater soll kommen.“
Er kam und er sprach:
„Was brauchst Du?
Was wünschst Du Dir von mir?“
„Deinen Anzug“,
sagte die Kleine in mir
und er gab ihn ihr.
Sie zog ihn an.
Arme und Beine baumelten daran.
Der Anzug war viel zu groß.
Ich sah dem kleinen Mädchen zu
und musste lachen;
ein herzliches, befreiendes Lachen.
Wochen später wurde mir klar,
warum ich eigentlich Komödie spiele,
warum ich in einen viel zu großen
Männer Anzug schlüpfe
und für wen ich einen Stuhl
an meiner Seite reserviert habe;
immer reserviert habe.
Und endlich erfuhr ich
von meiner neunzig jährigen Tante,
der Schwester meines Vaters,
dass mein Vater Geige spielen konnte
und wenn er sich etwas Mut
angetrunken hatte,
brachte er alle mit seinem Hut oder Schlips
oder irgendeinem Unsinn zum Lachen.
Der Titel meiner Komödie lautet übrigens:
„Ali Barbara & Prof. Dr. an der Seite“.
Und Geiger haben es mir angetan,
sofern sie mit ihres Herzens Bogen
die Saiten berührn.
Und ich lache so gern über Unsinn.
Und erzählen,
ja,
erzählen möchte ich
sooo viel
von meinem Papa.
Leseprobe zu Tränen Perlen
Sie liebte es
Meine Mama
sie liebte es
sich im Walzer zu drehn
sich im Walzer zu drehn
Mama liebte es
in die Wälder zu gehn
auf den Bergen zu stehn
Mama liebte es
in geselliger Rund
tat sich ihr unvergleichlicher
Mutter Witz kund
Mama liebte es
Freundinnen zu besuchen
zum Plausch Kaffee und Kuchen
Mama liebte es
Thüringer Klöße zu kochen
ihre Braten und Stollen
haben so gut gerochen
Mama liebte es
mit Auto Zug und Straßenbahn
durch die Gegend zu fahrn
Mama liebte es
Löcher in Sachen und Strümpfen zu stopfen
Sofa Kissen
glatt zu klopfen
Mama liebte es
vorm Schlafen Gehn
in die Ferne in die Sterne zu sehn
Luft zu schöpfen in vollen Zügen
und sich in den Traum zu wiegen
von des Tages Pflicht und Mühen
all nächtlich
zu entfliehen
Mama liebte
Ruhe und Frieden
um sich her
ja
das alles
liebte sie
sie liebte es
sehr
Leseprobe zu Tränen Perlen
Mama
Mama
ich danke dir
dass du mir den Weg vorangegangen bist
ich danke dir
dass du gehen wolltest als du nicht mehr gehen konntest
ich danke dir
dass du dem Tod entgegen liefst wie ein junges Mädchen zur Hoch Zeit
ich danke dir
dass du losgelassen hast
wo kein Halten mehr war
ich danke dir
für deinen beflügelt aufsteigenden Geist
als dein Körper sich aufgab
ich danke dir
für den Frieden und die Liebe
auf deinem leidzerfurchten Gesicht
ich danke dir
für deine Nähe in meinen Träumen
dass du mich jetzt hören lässt
was du mir nie gesagt hast
dass du mir jetzt zeigst
was du immer vor mir verborgen hast
dass du mich jetzt mit nimmst
wohin du mich niemals geführt hast
ich danke dir
dass unter der Trauer Weide
du teilst deine Tränen mit mir
dass du sanft Kopf und Schultern
mir streichst
unterm Kastanien Baum
mich umarmst
Leseprobe zu Tränen Perlen
Die Vision
Die Vision
Das Auge im Nest war in mir.
Ich sah in den Himmel.
Ich sah eine riesige Wolken Gestalt,
sah einen Drachen,
ein mächtiges Pferd
in zerfließenden Wolken.
Alle Kraft sah und spürte ich fließen
in dieser Gestalt
und wusste mit großer Gewissheit,
dass es in dieser Kraft kein Halten mehr gab.
Alle Angst, Qual, Schmerz,
Leid und Verzweiflung
lösen fließend sich auf hier in Kraft.
Es bleibt nichts außer der Kraft.
Es existiert nur fließende Kraft.
Und ich bin ihr Teil.
Es gibt nichts außer ihr.
Ich sah es hoch oben am Himmel
und spürte es tief in mir drin.
Ein Fließen.
Den Fluss.
Die Kraft.
Eine Kraft.
Die fließende Kraft.
Oben und unten und in mir.
Das Auge im Nest hatte alles gesehen.
Das Auge im Nest war in mir.
Leseprobe zu Tränen Perlen
Wirklichkeit
Wirklichkeit
ich
wirke
Wirklichkeit
Wirklichkeit
ist
das
was
wirkt
was
wirkt
wirkt
Wirklichkeit
Wirklichkeit
wirke
ich
ich
wirke
Wirklichkeit